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Ambitionen von Aero Lloyd

Aero Lloyd MD-83/Courtesy: md80design
Aero Lloyd MD-83/Courtesy: md80design

Aero Lloyd hatte Anfang der 1990er Jahre ambitionierte - und im subjektiven Vergleich zur heutigen Entwicklung im Luftverkehr - relativ realistische Pläne zur Festigung ihrer Marktposition und für weiteres Wachstum. Diese Ambitionen wurden von Aero Lloyd in mindestens einer englischsprachigen 16-seitigen Broschüre von 1990 vorgestellt. Viele Faktoren haben diese Pläne verhindert und spätestens ab Mitte der 1990er wurde bei Aero Lloyd ein interner Wandel umgesetzt, der dann nur noch wenig mit der öffentlich wahrgenommenen Aero Lloyd "mit den Streifen am Rumpf" zutun hatte.

Aero Lloyd MD-87/Courtesy: md80design
Aero Lloyd MD-87/Courtesy: md80design

Einrichtung von Linienflügen

Aero Lloyd bezeichnete die Einrichtung von innerdeutschen Linienflügen ab Frankfurt nach Hamburg und München sowie zwischen Hamburg und München als historischen Meilenstein. Ab 31.10.1988 wurden diese Linienflüge angeboten und nach offiziellen Informationen von Aero Lloyd wurden hierfür vier Flugzeuge eingeplant, wobei es sich um Douglas DC-9-32 und McDonnell Douglas MD-87 handelte.

Die Douglas DC-9-32 leisteten ebenfalls sehr treue Dienste/Courtesy: MD-80.net
Die Douglas DC-9-32 leisteten ebenfalls sehr treue Dienste/Courtesy: MD-80.net

Der erste Linienflug der Aero Lloyd startete an diesem Tag um 06:50 Uhr ab Frankfurt nach Hamburg, um 07:00 erfolgte dann der Abflug einer weiteren DC-9 ab Frankfurt nach München. zeitgleich sollte in weiteres Flugzeug von Düsseldorf nach Hamburg abheben und eine Verbindung zwischen Hamburg und München sollte dann noch erfolgen.

 

In dieser ersten Phase wurden bescheiden morgens und abends jeweils acht Linienflüge angeboten, während tagsüber das Feriencharterprogramm absolviert wurde. Bei den Flugpreisen sollen sich Einsparungen zwischen 10 und 15% gegenüber den Tarifen der Lufthansa ergeben haben. An Bord der 119-sitzigen DC-9-32 wurde zwar gegenüber der Boeing 737 von Lufthansa kein höherer Komfort geboten. Der Bordservice - durchgeführt von drei Kabinenmitgliedern - soll aber Lufthansa-Standards entsprochen haben. So wurden Kaffee, Tee, belegte Brötchen mit Salami oder Schinken,  jeweils zwei Bier-/ Weißwein-/ und Rotweinsorten sowie Sekt und Kognac angeboten - alles gratis.

 

Von Anfang wurden die Abflugszeiten negativ kritisiert: so wären die morgendlichen Abflüge zu früh, die abendlichen Flüge zu spät. Offiziell war man bei Aero Lloyd aber sehr zuversichtlich, nicht nur das Linienprogramm deutlich auszubauen, sondenr auc bessere Slots zu erhalten.

Günstige Voraussetzungen für weitere Linienflüge

Courtesy: Aero Lloyd
Courtesy: Aero Lloyd

Aero Lloyd sah aufgrund verschiedener Faktoren Potential für weiteres Wachstum im Linienflugsektor. Hier wurde besonders die steigende Anzahl an Individualreisenden und Geschäftskunden genannt. Dieses Potential wollte Aero Lloyd mit einem gesteigertem Angebot an Liniendiensten begegnen. Starkes Wachstum sollte im Zeitraum 1990 bis 1993 erfolgen und dies sollte sich auch bei der Flottengröße und Flottenstruktur widerspiegeln. Die Lieferung weiterer MD-83 war vorgesehen, viele Zeichen standen offiziell auf Expansion! Rund ein Jahr nach Etablierung von Linienflügen wagte Aero Lloyd den Schritt, auch international Linienflüge einzurichten und nach Erteilung von Verkehrsrechten wurden Liniendienste zwischen Frankfurt und Paris sowie zwischen München und London (Gatwick) eingerichtet. Nach London-Gatwick kamen - hierfür scheint es Bilddokumente zu geben - auch MD-83 zum Einsatz. Im Sommer 1990 wurden von Aero Lloyd nach eigener Aussage 114 Linienflüge pro Woche durchgeführt, die Systemauslastung der Liniendienste soll im Frühjahr 1990 bei 40% gelegen haben, ein für damalige Verhältnisse akzeptabler Wert.

Ernüchternde Auslastungszahlen

In mindestens einem Dezember 1988 veröffentlichten Interview wurde gefragt, "wie viele Passagiere heute mit Aero Lloyd geflogen" wären. "169 Flüge, pro Flug etwa 15 Passagiere" - war die Antwort.

 

Der Interviewer entgegnete, dass dies "bei 119 Sitzen pro Maschine (damit war wohl die DC-9-32 gemeint) eine dürftige Auslastung wäre".

 

Wie teuer es wäre, einen "fast leeren Flug zwischen München und Hamburg fliegen zu lassen", wurde mit "etwa 5000 DM pro Flug" angegeben.

 

Die Frage nach der Gewinnschwelle eines solchen Fluges wurde mit "im Durchschnitt etwa 30 Passagieren" angegeben,

 

Auffallend ist, dass in der Berichtserstattung bekannter Wochenmagazine und Zeitungen über die chronisch unterfinanzierte Aero Lloyd geschrieben wurde, dass die finanzielle Situation eine Fortführung des Flugbetriebs gefährden würde oder ein Pilotenmangel (durch Abwanderung zu anderen deutschen Geselslchaften aufgrund bessere Entlohnungen) einen weiteren Betrieb nicht gewährleisten könnte.

 

Auf die Frage, wie lange denn Aero Lloyd den (defizitären) Linienverkehr durchhalten könne, wurde mit "zehn Jahre und länger..." beantwortet.

Aufbau eines europäischen Liniennetzes

1991 sollte das Linienangebot um 50 wöchentliche Flüge auf dann 164 wöchentliche Linienflüge ausgebaut werden. Liniendienste sollten nach Berlin, Amsterdam, Madrid, Brüssel, Mailand, Istanbul, Tel Aviv und Zürich eingerichtet werden. 1992 sollte das Angebot von 164 Flügen auf dann 184 Linienflüge pro Woche ausgebaut werden. Zusätzlich wollte Aero Lloyd den gewaltigen Schritt wagen und 24 wöchentliche Langstreckenflüge ab Deutschland nach USA und Fernost einrichten. Für diese Langstreckendienste plante Aero Lloyd für 1992 die Übernahme von zwei MD-11, die sehr wahrscheinlich mit 363 Sitzplätzen ausgestattet werden sollten. Gleichzeitig sollten vier weitere MD-83 das europäische Streckennetz bedienen. Ab 1993 sollte dann das Linienangebot in Europa auf dann 194 wöchentliche Dienste gesteigert werden, zwei weitere MD-83 eingeführt und auch das Langstreckenangebot durch Einführung von zwei weiteren MD-11 verdoppelt werden. 

Einstieg der BLB

Im April 1991 wird gemeldet, dass die Bayerische Landesbank (BLB) bei der Aero Lloyd einsteigen würden. Diese Entwicklung wurde in der Fachpresse als "Staatshilfe für Aero Lloyd" betitelt. Die BLB (als Hausbank der Aero Lloyd) war zu diesem Zeitpunkt schon sehr stark in Aero Lloyd involviert.

 

So war bereits ein Überbrückungskredit in Höhe von 53 Millionen DM bewilligt worden. Die BLB suchte weitere Partner für Aero Lloyd, wobei die Reiseveranstalter TUI und NUR dieser Idee eine Absage erteilten. Die BLB plante nach noch stärkerer Beteiligung eine "Erweiterung des Managements" und eine "Reduzierung des Linienbetriebs".

Ärger wegen Beamten-Shuttle

1992 sollten Aero Lloyd den Zuschlag für den "Beamten-Shuttle" zwischen Köln/Bonn und Berlin erhalten. Diese Entscheidung erzeugte Unmut und im November 1992 wurde gemeldet, dass der Plan gestoppt wurde, der Aero Lloyd den Zuschlag zu geben. Zuvor berechnete die Luftwaffe mit Maschinen der ehemaligen DDR-Regierungsstaffel offiziell 67 Millionen DM. Aero Lloyd boten diese Dienste für 33 Millionen DM an, während Germania ein noch günstigeren Angebot unterbreitet haben soll.

 

Der Haushaltsausschuss des Bundestags wollte nun wissen, warum Aero Lloyd den Zuschlag erhielt, wo doch der Einstieg ins Liniengeschäft für Aero Lloyd stark defizitär sei. "Insider in Frankfurt"  vermuteten damals "einflussreiche Fürsprecher aus Bayern".

Eine der vier 137-sitzigen Aero Lloyd MD-87/Courtesy: Aero Lloyd
Eine der vier 137-sitzigen Aero Lloyd MD-87/Courtesy: Aero Lloyd

Geplantes Flottenwachstum 1990-1993

Nach Angaben von Aero Lloyd sollte die Flotte innerhalb von drei Jahren fast verdoppelt werden. Die Fluggesellschaft gab an, "Ende 1990 15 Flugzeuge einzusetzen" (8 MD-83, 4 MD-87 und 3 DC-9-32).

Offiziell sollte die Flotte wie folgt wachsen:

Jahr gesamt MD-83 MD-87 DC-9-32 MD-11
1990   15 4 3 -
1991 18 11 4 3 -
1992 24 15 4 3 2
1993 28  17 4   4

Drei weitere MD-83 sollten 1991 eingeführt werden, vier weitere Exemplare 1992 und zwei Flugzeuge 1993. Ab 1992 sollte dann mit der MD-11 in mehrfacher Hinsicht ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Erstmals würden Aero Lloyd ein Großraumflugzeug einsetzen und Langstreckendienste anbieten. Dieser Pläne wurde in wichtigen Punkten aus verschiedensten Gründen nicht so umgesetzt wie geplant. Während die MD-83-Flotte bis 1991 auf 13 Flugzeuge erweitert wurde, die kleine MD-87-Teilflotte unverändert blieb und auch die drei DC-9 weiterhin eingesetzt wurden, so kamen nicht eine einzige MD-11 zur Auslieferung.

Aero Lloyd MD-11-Modell/Courtesy: McDonnell Douglas
Aero Lloyd MD-11-Modell/Courtesy: McDonnell Douglas

Mehr Informationen bietet eine britische Homepage über die MD-11.

Nach Informationen aus einem Bordmagazin der Aero Lloyd von 1990 entschied sich Aero Lloyd offenbar für Pratt&Whitney-Triebwerken als Antrieb ihrer zwei geplanten MD-11. In einem Artikel über die neue MD-11 wird berichtet, dass die MD-11 mit 364 Sitzplätzen eingesetzt werden würde. Zu diesem Zeitpunkt setzte Aero Lloyd 17 Flugzeuge ein: 7 MD-83, 4 MD-87, 3 DC-9-32 und 3 Caravelle.

 

Die ursprüngliche Planung, die MD-83-Flotte von 8 auf 17 Flugzeuge auszubauen wurde sehr wahrscheinlich nicht umgesetzt, da Aero Lloyd Ende März 1992 sämtliche Liniendienste einstellte und die Fluggesellschaft nach Rückkehr zum reinen Ferienflieger grundsätzlich eher Überkapazitäten aufwies. Zuvor wurden nach mehrheitlichen Informationen "Bestellungen über sechs MD-83 storniert".

 

Zwar konnte Aero Lloyd durch den Kollaps von Air Europe profitieren, da NFD ihre für Air Europe eingesetzte Boeing 757-200 retournierte, aber die Fluggesellschaft wurde in der Presse als finanziell stark angeschlagen beschrieben. Es sei erwähnt, dass bis 1993 kein offizieller Ersatz der drei DC-9 forciert wurde, die DC-9 somit weiterhin eine Nischenrolle spielen sollte.

Starke finanzielle Belastungen

Die finanziellen Engpässe waren weiterhin ein Thema in der Fachpresse, wenngleich immer wieder seitens der Aero Lloyd verlautet wurde, dass man über "erhebliche stille Reserven verfügen würde".

 

Stellvertretend für diverse Meldungen wurde 1993 gemeldet, dass eine Überprüfung durch das LBA ergab, dass die "chronisch verschuldete Charterfluggesellschaft Aero Lloyd bis Ende 1993 mehr als 59 Millionen DM fehlen würden".

 

Zusätzlich hätten Aero Lloyd "langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 350 Millionen DM" und ihre als Sicherheiten bei Banken dienende Flugzeuge würden aufgrund von Überkapazitäten im Luftverkehr an Wert verlieren. Für die anstehende Wintersaison wurde der Aero Lloyd eine weitere Verschlechterung ihrer Situation prognostiziert. So würden aufgrund des lahmender Konjunktur sowie stornierter Türkei-Flüge zusätzliche Verluste von "mindestens 30 Millionen DM" erwartet.

Nahansicht einer MD-87/Courtesy: Aero Lloyd
Nahansicht einer MD-87/Courtesy: Aero Lloyd

Einst ganz auf McDonnell Douglas eingestellt

Interessant mag erscheinen, dass die "damalige Aero Lloyd" gänzlich auf Produkte von McDonnell Douglas fixiert war. Zumindest war bis 1993 der Aufbau einer vollständig auf McDonnell Douglas-Flugzeugen aufgebauten Flottenstruktur geplant. Nur zwei Jahre später - und nach internen Veränderungen innerhalb von Aero Lloyd - wurde der sehr radikale Flottenwechsel von McDonnell Douglas zum Hersteller Airbus bekannt. Sechszehn Airbus A320/321 sollten ab 1996 bis 2002 die gesamte McDonnell Douglas MD-80-Flotte ersetzen. Zuvor trennte man sich von den drei Douglas DC-9-32, die ein neues Zuhause bei Midwest Express fanden. Durch die Ausmusterung der DC-9 konnte Aero Lloyd Überkapazitäten weiter abbauen. Außerdem waren die DC-9 "Einsatzbeschränkungen" unterworfen. Damit waren sehr wahrscheinlich die erheblich höhere Lautstärke der Triebwerke und die gegenüber den MD-83/-87 geringere Leistungsfähigkeit (Reichweite/Kapazität) gemeint.

Von oben nach unten: DC-9-32, MD-87, MD-83/Courtesy: MD-80.net
Von oben nach unten: DC-9-32, MD-87, MD-83/Courtesy: MD-80.net

Douglas DC-9-32:

Eine der drei 119-sitzigen Douglas DC-9-32 kurz vor ihrer Ausmusterung im September 1993.

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